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Über Erleuchtung

Das größte Kunststück war es, dich selbst davon zu überzeugen, dass du existierst.

Erleuchtung wird als etwas verstanden, was nur ganz wenigen und besonderen Menschen wie Jesus oder Buddha zuteilwurde. Ebenso wird Erleuchtung als Ziel verfolgt, das nur durch eine lange und beschwerliche Reise erreicht werden kann.

Nur wer die sauberste aller Westen hat und ein perfektes Leben führt, hat die Möglichkeit, diesen Zustand zu erreichen. Es ist angeblich der Zustand absoluten Glücks, der unerschütterlichen Gelassenheit und das Ende allen Leidens.

Den erleuchteten Glückspilzen werden nicht selten übermenschliche Fähigkeiten nachgesagt. Kurz gesagt, Erleuchtete werden für Supermenschen gehalten. Daher ist es kein Wunder, dass sich viele Menschen auf eine anstrengende und beschwerliche Suche nach solch einem Zustand machen. Einige nehmen Jahrzehnte spiritueller Praxis wie Yoga oder Meditation auf sich, um ihr Ziel zu erreichen.

Dabei hat Erleuchtung rein gar nichts mit Anstrengung zu tun. Man könnte sagen, es ist vielmehr das Ende jeglicher Anstrengung. Der jetzige Moment ist bereits Ausdruck absoluter Perfektion. Keine Anstrengung der Welt wird mehr daraus machen können.

Erleuchtung macht nicht mehr und nicht weniger sichtbar, als das, was jetzt schon sichtbar ist. Es wird klar, dass es nichts anderes gibt als den jetzigen Augenblick. Man könnte sagen, dass sich zum Schein die Beziehung zu dem ändert, was jetzt gerade stattfindet. Und zwar insofern, als die Klarheit eintritt, dass es gar keine Beziehung dazu gibt.

Worauf dieser Text hindeutet, geht über das Verständnis vom absoluten Selbst (Atman) hinaus. Die Vorstellung „Ich bin der Beobachter und das Beobachtete zugleich.“ enthält immer noch die Grundannahme einer Trennung zwischen Subjekt und Objekt. Die radikale Botschaft der Non-Dualität ist, dass auch diese Trennung keinerlei Substanz hat. Jede Relation zwischen Subjekt und Objekt ist eine substanzlose Erscheinung, die weder echt noch unecht ist. Sie ist weder da noch ist sie nicht da. Alles, was in diesem unmittelbaren Augenblick erscheint, ist hohl und ohne greifbaren Kern. Es erscheint aus einer „Null-heit” heraus. Alles ist nur zum Schein und aus Nichts gemacht.

Erleuchtung kann beschrieben werden als die spontane Erkenntnis, dass es nie ein „Ich“ gegeben hat. Somit fällt nicht wirklich etwas weg. Es ist die plötzliche Klarheit und Gewissheit, dass es hinter dem Rollenspiel des Individuums keine echte Person gibt. Diese Erkenntnis hat niemand und sie geschieht auch niemandem. Sie ist einfach nur da.

Erleuchtung ist kein wirkliches Ereignis. Es ist die Gewissheit, dass nichts wirklich passiert. Das, was hier und jetzt stattfindet, ist der ewige und unmittelbare Augenblick des Seins. Es gibt keine getrennte Entität, die es erlebt oder durch die es erlebt wird. Das einfache Sein ist das absolute Eins-Sein mit allem. Es erlebt sich durch sich selbst, ganz ohne einen getrennten erlebenden Standpunkt.

Die Erkenntnis über das einfache Sein ist vergleichbar mit der Erkenntnis eines Brillenträgers, dem plötzlich klar wird, dass die Brille, nach der er so dringend sucht, schon die ganze Zeit auf seiner Nase sitzt. Es tritt eine Entspannung ein, wenn plötzlich klar ist, dass gar nichts weg war. Es ist eine freudige Überraschung und Erleichterung, in der die Anstrengung der Suche abfällt.

Mit der Erleuchtung wird klar, dass die Suche völlig sinnlos war. Jedoch gibt es kein Bedauern oder Frust darüber, dass vergebens gesucht wurde. Es ist einfach nur eine Entspannung und ein Gefühl absoluter Freiheit. Es ist eindeutig, dass dieser jetzige Augenblick ewig und völlig in Ordnung ist. Da ist nichts, worüber „Ich“ mir Sorgen machen müsste. Alles, was in diesem ewigen Augenblick noch erscheinen wird, wird genauso absolut in Ordnung sein.

Niemand erlangt den Zustand der Erleuchtung. Sie passiert niemandem. Es ist vielmehr ein Traum, der endet. Und mit ihm endet auch der Träumer. Es ist das Zusammenfallen jeglichen getrennt seins zum jetzigen und ewigen Augenblick. Eine Implosion der „Ich“-Illusion. Das einfache Sein erscheint als Gewissheit, dass hinter der „Ich“-Rolle niemand steckt, der sie spielt. Endet die „Ich“-Illusion, erscheint das „Ich“ nur noch als eine Erinnerung an einen Traum, der für echt und sehr wichtig gehalten wurde. Eine Erinnerung ohne einen Erinnernden.

Erleuchtung ist keine neue Information, die verstanden wird. Es ist kein Aha-Moment des Be-greifens, wie bei einem Schulkind, dass auf einmal versteht, wie die Formel des Pythagoras funktioniert.

Die Klarheit über das einfache Sein stellt vielmehr einen Verlust dar. Es ist das Wegfallen der Vorstellung, dass dieser ewige Augenblick aus irgendeiner Perspektive oder Richtung erlebt wird. Es gibt keinen getrennten Punkt, von dem aus dieses einfache Sein geschieht. Weder von innen nach außen, noch von außen nach innen. Erleuchtung ist das Ende jeglicher Perspektive.

Auf der Suche nach Erleuchtung stabilisiert sich das Selbst durch Verstehen und Be-greifen. Es erzählt sich Geschichten über ein „Ich“, denen Sinn zugeschrieben wird und die für die Realität gehalten werden. So hält es sich am Leben, indem es immer wieder nach einer sinnvollen Erklärung sucht.

So wie alles, das über das einfache Sein gesagt werden kann, so sind natürlich auch diese Worte nicht wirklich zutreffend. Dieser Text ist nur ein Zeiger, der auf etwas hindeutet, das sich dem Be-greifen des Verstandes entzieht. Genau wie das einfache Sein kann der Kernpunkt dieses Textes nicht verstanden werden. Dieser Text lädt dazu ein, jegliche mentalen Konzepte über das, was hier und jetzt passiert, fallen zu lassen und das unmittelbare Sein, so zu lassen, wie es gerade jetzt erscheint. Es ist der Vorschlag, dem Verlangen nach Be-greifen, nicht nachzugehen und jegliches Greifen des Verstandes sein zu lassen.

Und was hast du von Erleuchtung? Rein gar nichts. Das, worum es in diesem Text geht, wird dem Individuum keinerlei Vorteil verschaffen. Diese Worte enthalten keinen Mehrwert für dich. Sie werden dich der Erleuchtung nicht näher bringen. Dieser Text ist der Ausdruck absoluter Freiheit, die sich einlädt, sich selbst zu erkennen.

Die Suche erscheint.

Es gibt niemanden, der sucht.

Wenn die Suche endet, wird nichts wird gefunden.

Am Ende steht die Gewissheit, dass nichts verloren war und niemand gesucht hat.